Warum gibt es einen Bürgerhaushalt bei der Stadt Erkner?

Deutschlandweit sind in über 70 Städten und Gemeinden Bürgerhaushalte Bestandteil des Gesamthaushalts. Neben Köln, Bonn, Trier, Leipzig, Freiburg, Mühlheim an der Ruhr und Münster gehören dazu auch die Kommunen Ingolstadt und Unterschleißheim in Bayern.

Mit dem Bürgerhaushalt sollen Bürgerinnen und Bürger der Stadt Erkner die Möglichkeit erhalten, sich aktiv und auf direktem Weg an der Gestaltung ihrer Stadt beteiligen zu können. Das Ziel? Gelebte Bürgerbeteiligung, die zu einem Plus an Lebens- und Aufenthaltsqualität führt.

Der Stadtrat hat deshalb im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 2021 beschlossen, einen Bürgerhaushalt in der Stadt Erkner einzuführen. Es wurden Geldmittel für die Konzeption und den Projektstart zur Verfügung gestellt - im Jahr 2021 stehen dann 20.000 Euro für die Umsetzung der Projekte aus dem Bürgerhaushalt zur Verfügung. Dieses Budget wird ausschließlich für die Umsetzung der eingereichten Vorschläge eingesetzt.

Alles rund um das Thema Bürgerhaushalt in Deutschland und die Erfahrungen von anderen Kommunen finden Sie auf dem Informationsportal www.buergerhaushalt.org der Bundeszentrale für politische Bildung.

Wie läuft der Bürgerhaushalt ab?

Kurze Erläuterungen zu den einzelnen Phasen des Bürgerhaushaltes

In Deutschland führen aktuell ca. 70 Kommunen einen Bürgerhaushalt durch. Ein Bürgerhaushalt ist eine spezielle Form der Bürgerbeteiligung und ein Dialogprozess. Dabei steht in den meisten Fällen nicht der komplette Haushalt zur Diskussion, sondern ein vorab festgelegtes Budget ist für das Projekt im Haushalt verankert. Die Stadtverordneten Erkners haben beschlossen, in einem zunächst zweijährigen Probelauf einen Betrag von jeweils 20 000 Euro dafür zur Verfügung zu stellen. Für die Verwendung dieser festen Summe können Vorschläge unterbreitet, bewertet und kommentiert werden. Der komplette Bürgerhaushalt läuft in mehreren Phasen ab. Nachfolgend gibt es kurz eine Erläuterung über die einzelnen Schritte:

Phase 1 – Vorschläge sammeln, bewerten und kommentieren

 

Jeder Einwohner und jede Einwohnerin der Stadt Erkner, selbstverständlich auch Gäste, können auf der eigens eingerichteten Plattform ihren Vorschlag oder auch mehrere Vorschläge einreichen. Nach einer einmaligen Registrierung ist dies unkompliziert und leicht handhabbar möglich. Wer möchte, der kann auch per Postkarte (an Stadtverwaltung Erkner, Friedrichstraße 6-8 in 15 537 Erkner) oder per E-Mail (unter sell@erkner.de) seinen Beitrag einreichen. Diese Vorschläge werden zeitnah auch auf die Plattform gestellt und sind somit für alle öffentlich einsehbar.  Alle Vorschläge können bewertet und auch kommentiert werden. Diese Phase dauert vom 1. bis 31. Mai 2022. Parallel dazu können sich Bürger, die Lust und Zeit an der Mitgestaltung Erkners haben, sich für einen Platz in der Bürger-Jury bewerben.  Dies ist problemlos auch auf dieser Plattform möglich, aber ebenfalls auch per Postkarte oder per E-Mail.

Achtung: In diesem Jahr ist es nicht möglich gleichlautende Vorschläge einzureichen. Mehrfachnennungen wird es nicht mehr geben. Im zurückliegenden Jahr gab es eine Art Konkurrenzdenken, z. B. bei drei Vorschlägen zu Outdoor-Fitness-Plätzen in der Stadt oder der Umgestaltung des Rathausparks.  Sollten themenmäßig gleichlautende Vorschläge bzw. Mehrfachnennungen eingereicht werden, so werden diese abmoderiert und die einreichenden Personen werden gebeten, sich bereits vorhandenen Vorschlägen anzuschließen, um auch die nötigen Stimmen zu bekommen.

 

Phase 2 – Vorschläge bewerten und kommentieren

 

Mit dem 31. Mai 2022 endet die Sammel-Phase. Es können dann bis Dienstag nach den Pfingstfeiertagen (07. Juni 2022) alle Vorschläge noch bewertet und kommentiert werden.  Diese Bewertungen sind für die Bürger-Jury und die Fachbereiche der Stadtverwaltung von großem Interesse. Denn sie bilden ein Stimmungsbild ab.  Es werden sich Schwerpunkte herauskristallisieren. Tendenzen bilden. Durch die Kommentierung wird ein Vorschlag im Idealfall aufgewertet. Und vielleicht ist auch ein Argument darunter, weshalb genau dieser Vorschlag umgesetzt werden soll. Für die Bürger-Jury ist die Kommentierungsphase von besonderer Wichtigkeit.

 

Phase 3 – Fachliche Prüfung und Juryauswertung

 

Grundsätzlich jeder eingereichte Vorschlag steht nun in den Sommermonaten auf dem Prüfstand. Jeder Fachbereich in der Stadtverwaltung ist gefragt und wird sich mit den Vorschlägen beschäftigen. Dabei sind die durch die Arbeitsgruppe Bürgerhaushalt (darin sind paritätisch die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung und die Stadtverwaltung vertreten) aufgestellten Kriterien ausschlaggebend. Eine Machbarkeit wird geprüft, eine Kostenschätzung wird erfolgen. Die geschätzten Kosten werden den einzelnen Vorschlägen auf der Plattform hinterlegt. Sollten Vorschläge dabei sein, an deren Realisierung die Stadtverwaltung schon arbeitet, werden auch diese Projekte herausgefiltert. Dies ist ein zeitintensiver und aufwendiger Prozess.  Die Fachbereiche der Stadtverwaltung legen die Ergebnisse ihrer Prüfungen der Bürger-Jury vor.  Mit dem Wissen aus den fachlichen Bewertungen, den definierten Kriterien und dem Stimmungsbild der Bevölkerung aus der Kommentierungsphase werden die Jurymitglieder dann eine „Top -Liste“ der besten Vorschläge erstellen. Die Bürger-Jury hat ihre Vorschläge zu begründen, genauso wie zuvor die Verwaltung. Wie viele Vorschläge es ins Finale schaffen, richtet sich nach der Gesamtzahl der eingereichten Vorschläge und deren Qualität.

 

Phase 4 – Die eigentliche Wahl

 

Zur Abstimmung gelangen im September nun die Projekte, die es in die Vorrunde, auf die Top-Liste, geschafft haben. Für diese Wahl sind nochmals alle Bürgerinnen und Bürgern aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Am Ende stehen ein Gewinner-Vorhaben für 20 000 Euro oder mehrere kleinere Projekte fest.

 

Phase 5 – Umsetzung der /des Projekte/s und Rechenschaftslegung

Der oder die Gewinnerprojekte werden den Stadtverordneten in ihrer 18. Sitzung am 6. Oktober 2022 als Beschlussvorlage vorgelegt. Mit diesem formalen Beschluss kann dann auch die Umsetzung durch die Fachbereiche der Stadtverwaltung  erfolgen. In den Berichten des Bürgermeisters in der Stadtverordnetenversammlung, im Amtsblatt und auf der Homepage der Stadt Erkner wird über die Umsetzung bzw. den Stand der Umsetzung stets Bericht erstattet. Die Fertigstellung wird medial begleitet. 

Welche Kriterien gelten für die Bewertung der Einreichungen?

Diese hier festgelegten Kriterien sind ausschlaggebend für die fachlichen Bewertungen der einzelnen Sachbereiche der Stadtverwaltung und für die Bürger-Jury-Entscheidung:

  • Es gibt in der zweijährigen Probephase keine thematische Beschränkung. Dabei ist es egal, ob sich der Vorschlag im kulturellen Bereich befindet, eine Grünanlage betrifft, ein sportliches Areal ist, ein bauliches Detail betrifft – es ist (fast) alles gestattet. 
  • Es dürfen sich Personen jeden Alters daran beteiligen, von der Idee einer KitaGruppe bis hin zu den Senioren. Vorschläge aus allen Generationen sind willkommen.
  • Der Vorschlag muss einen eindeutigen Bezug zur Stadt Erkner haben.
  • Der Vorschlag darf den bereitgestellten Höchstbetrag von 20 000 Euro nicht überschreiten.
  • Die Stadt muss für die Maßnahme zuständig sein.
  • Der Vorschlag muss gemeinwohlorientiert sein.
  • Das Ergebnis muss für alle Bewohnerinnen und Bewohner zugänglich sein.
  • Es dürfen sich auch Bürger beteiligen, die nicht ihren Wohnort in Erkner haben, aber eventuell ihren Arbeitsplatz in der Stadt haben oder als Gast in Erkner weilen.
  • Kiezvorschläge sind erlaubt. Damit sind Vorschläge für ein Wohnareal gemeint.

Auf diese Kriterien haben sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe Bürgerhaushalt (bestehend aus den der Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung und der Stadtverwaltung /Hauptamt) geeinigt.

Wofür ist die Stadt Erkner zuständig und wofür nicht?

Die Möglichkeiten, Dinge in der Stadt zu verändern, sind vielfältig. Projekte aus den Bereichen Finanzen, Verwaltung, Kultur, Sport, Freizeit, Sicherheit und Ordnung sind grundsätzlich umsetzbar, sofern die Zuständigkeit der Stadt Erkner gegeben ist und die Projekte den dem Bürgerhaushalt zugrundeliegenden Kriterien entsprechen. Auch wenn viele Vorschläge aus den Reihen der Bürger*innen sicher eine Überlegung wert sind, können Sie jedoch aus Gründen der Zuständigkeit nicht im Bürgerhaushalt berücksichtigt werden.

Dazu gehören zum Beispiel:

- die Anstellung von Lehrerinnen und Lehrern
- das Bauen einer Ortsumfahrung oder neuen Bundesstraße
- das Anbieten von Services, die der Verwaltung des Landkreises zugeordnet sind, z.B. KFZ-Zulassung
- die Beeinflussung oder Regulierung von Preisen auf dem privaten Markt, z.B. für Immobilien oder Strom

Folglich wird jeder Vorschlag in Phase 3 des Bürgerhaushalts durch die Verwaltung der Stadt überprüft und mit Hinweisen zur Umsetzbarkeit und Budgetierung versehen.

Was ist die Aufgabe der Jury – und wie kann ich in diesem Jahr mitmachen?

Die Auswahl-Jury setzt sich aus mindestens neun, höchstens 15 Mitgliedern zusammen. Sie besteht aus freiwillig engagierten Mitbürgern, ist paritätisch und divers aufgestellt und soll das gesellschaftliche Leben der Stadt Erkner widerspiegeln. Die Jury sollte Vertreter aus Vereinen, Beiräten und Institutionen vereinen, aber auch Bürgerinnen und Bürger, die sich nicht in Organisationen engagieren, sind herzlich eingeladen, in der Bürger-Jury mitzuarbeiten. Für einen Platz in der Jury kann sich also jeder / jede bewerben.  Dies ist auf der Plattform zum Bürgerhaushalt hier möglich, aber auch per Postkarte an die Stadtverwaltung oder per E-Mail an sell@erkner.de. Sollten sich mehr als 15 Bewerberinnen und Bewerber melden, entscheidet das Losverfahren. Dieses führt die Arbeitsgruppe Bürgerhaushalt durch. Spätestens im Juli sollte sich die Jury zu einer konstituierenden Sitzung erstmals treffen.

Die Jury wird öffentlich tagen und hat alle eingereichten Vorschläge zum Bürgerhaushalt auf dem Tisch. Diese sind zuvor durch die Bürgerinnen und Bürger bewertet und kommentiert sowie durch die Fachbereiche der Stadtverwaltung fachlich geprüft. Die Jury muss dann nach festgesetzten Kriterien entscheiden, welche Vorschläge in eine engere Wahl kommen, die dann in eine Top-Liste für die abschließende Wahl münden. Warum es ein Vorschlag in die Endrunde geschafft hat, dies muss die Jury begründen.

Nach der eigentlichen Wahl im September werden die Jurymitglieder den oder die Gewinner den Stadtverordneten auf der 18. Sitzung am 6. Oktober 2022 zur Beschlussfassung vorlegen. Mit diesem formalen Akt wird die Bürger-Jury aus ihrem Ehrenamt entlassen.

Warum schafften es nur 15 Vorschläge in der Endrunde?

Zur Sprache kamen alle 67 Vorschläge in den beiden Sitzungen der Bürger-Jury. Drei Vorschläge wurden gebündelt, da es inhaltliche Übereinstimmungen gibt. Dies erfolgte beim Thema Hundekotbeutelspender, einem Outdoor-Fitness-Platz und beim Wunsch nach einem Spielplatz. Durch Verlinkungen wird sichtbar, welche Vorschläge sich vereinen.

Einige Vorschläge sind so kostenintensiv, dass sie mit den Mitteln des Bürgerhaushaltes nicht umsetzbar sind. Es gab auch Vorschläge, da ist die Stadtverwaltung nicht der richtige Ansprechpartner dafür, z. B. bei dem Wunsch baulich mehr Barrierefreiheit am Fußgängerüberweg an der Friedrichstraße zu schaffen.

In einigen Fällen ist die Stadtverwaltung schon an dem Thema dran und plant oder setzt sogar schon Vorgaben um, die es auch im Bürgerhaushalt gibt. In den Fällen handelt es sich um eine zeitliche Überschneidung. Es gibt auch Ideen, die es nicht in die Endrunde geschafft haben und nichts kosten. Hier sind etwas Organisation, Absprachen und Kreativität gefragt. So ein Vorschlag ist z. B. der Eisbus im Rathauspark.

Wer mehr zu den einzelnen Vorschlägen und den Stellungnahmen der Verwaltung und der kurzen Positionierung der Bürger-Jury wissen möchte, der hat nun viel Lesestoff, zugeordnet jeweils unter den Vorschlägen.

Wann wird abschließend gewählt?

Von Freitag, den 17. September 2021 bis zum Dienstag, den 28. September 2021 hat die abschließende Wahl zum ersten Bürgerhaushalt der Stadt Erkner stattgefunden. Aus 67 Vorschlägen haben sich dafür 15 Vorschläge qualifiziert. Die Wahl erfolgte auf dieser Plattform.

Auf der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 2. Dezember 2021 wird der Gewinner formal bestätigt. Wenn zu einem Vorschlag noch ein passender Standort gefunden werden muss, werden die Stadtverordneten sich dazu positionieren.